Schon 1543 schrieb der Botaniker Leonhart Fuchs in seinem "Neuen Kräuterbuch", dass man in den Gärten überall Liebstöckel finde. Im Mittelalter hieß es, sein intensiver Duft könne böse Geister vertreiben. Heute entfaltet Liebstöckel seinen Zauber in der Küche.
Herkunft und Geschichte
Im antiken Rom schätzte man den Liebstöckel so wie in keiner anderen Zivilisation davor und danach. Zu Zeiten Julius Cäsars (100-44 v. Chr.) erging sich die Spitzengastronomie regelrecht in Liebstöckelorgien. Die Hautevolee liebte Würste, Braten, Brühen und Saucen mit Liebstöckelblättern und -wurzeln. Auch gewürzte Weine. Diese Tradition ist bis heute im südalpinen Raum erhalten. In Österreich aromatisiert man Obstler mit Liebstöckelblättern - der „Luststock" ist Aperitif oder Verdauungsschnaps. Liebstöckel stammt aus Zentral- und Kleinasien, gedieh später in den Villengärten des Römischen Reichs, vor allem in Ligurien. Im mittelalterlichen Latein hieß er ligusticum apium, „Ligurischer Eppich". „Eppich" ist ein altdeutscher Name für den Sellerie, mit dem der Liebstöckel verwandt ist. Trotz seines galanten Namens gehörte der Lust- oder Liebstöckel seit dem frühen Mittelalter bei uns in jeden klösterlichen Kräutergarten. Das hatte Karl der Große (748-814) per Erlass festgelegt. Dennoch ist der Liebstöckel eher ein Gewürz des Südens geblieben.
Qualität und Inhaltsstoffe
Unsere Ahnen nutzten den Liebstöckel mit Stumpf und Stiel, setzten Samen, Blätter und Wurzeln kulinarisch und heilkundlich ein. Heute verwenden wir fast nur die robusten, dunkelgrünen Blätter. Ihre gefiederte Form erinnert an die der glatten Petersilie. Frische Liebstöckelblätter haben einen unverwechselbaren Geruch und Geschmack. Er ist so intensiv, dass junge Mädchen im Mittelalter ihr Badewasser damit parfümierten, um die Männer zu betören. Die Inhaltsstoffe des ätherischen Öl setzen sich ähnlich zusammen wie beim Sellerie: sogenannte PhthaIide, chemische Aromaverbindungen wie auch in der Maggiwürze, einem Gärungsprodukt aus Getreide- und Hülsenfruchtproteinen. Duft und Geschmack frisch gezupfter Liebstöckelblätter erinnern an Meersalz, Hefe, Sellerie, Petersilie und ein wenig an Zitrusfrüchte. Da Liebstöckel in unseren Breiten gut gedeiht, ist er nahezu das ganze Jahr über frisch zu haben.
Verwendung in der Küche
Liebstöckel schmeckt kraftvoll und eindringlich. Man muss ihn mit Bedacht verwenden. In kräftige Fleischsuppen oder Gemüsebrühen, die den würzigen, leicht salzigen Liebstöckel gut vertragen, gibt man ihn erst in den letzten zehn Minuten der Garzeit. Da das Aroma etwas Erdiges hat, passt es wunderbar zu Wurzelgemüse (Karotten, Sellerie, Topinambur, Pastinaken), Pilzen und Nachtschattengewächsen (Kartoffeln und Tomaten). Die Rahmigkeit von Sahne, Quark und Käse nimmt dem Liebstöckelaroma die Spitze und bindet es harmonisch ein. Auch Essig und Senf bekommen ihm gut. Ein paar fein gehackte Liebstöckelblätter geben der Salatvinaigrette einen raffinierten Kick.
Gesundheitsfördernde Eigenschaften
Die Naturheilkunde nutzt die Wurzeln des Liebstöckels von jeher als Mittel gegen Nieren- und Blasenleiden. Die moderne medizinische Forschung konnte nachweisen, dass auch die Blätter des Liebstöckels harntreibend und entwässernd wirken. In der Erfahrungsmedizin sind getrocknete Liebstöckelblätter Teil von Teemischungen gegen Blasenentzündungen.
Feines Fleischgewürz
Das kräftige Aroma des Liebstöckels wird in letzter Zeit wieder mehr geschätzt. Man sollte ihn vorsichtig dosieren, da er sehr intensiv duftet und schmeckt. ich bereite daraus zum Beispiel Pesto zu - mit Petersilie, frischem Spinat und Mandeln. Eine herrliche Beilage zu gekochtem Fleisch! Liebstöckel harmoniert überhaupt gut mit Fleisch und klarer Brühe. Und er kann den leicht dominierenden Geschmack von Sojasauce neutralisieren. In Gerichten, die ich mit Sojasauce würze, lasse ich kurz vor Ende der Garzeit gern ein paar Blätter Liebstöckel mitziehen.
Gesundheitsfördernde Eigenschaften